Sonntag, 26. Januar 2014

Dem Morgendämmern... / Leseprobe


Dem Morgendämmern vorauseilende Lichtblicke“ - ...und andere missvergnügliche Anfechtungen
 
Leseprobe


Ein Wort zuvor...


Helle, dem Morgendämmern vorauseilende Lichtflecke huschten über das ebene Land.“


Worte voller Poesie! Sie schrieb Tschingis Aitmatow in seiner wunderschönen Novelle „Dshamila“. (Nachzulesen in „Tschingis AITMATOW“, Verlag Volk und Welt, Berlin 1974, S. 102.)

Empfindet man etwas Schönes, liest man geistvolles, erfährt man menschliche Wärme – muss man sich da vor innerer Freude zurückhalten? Ist es nicht im gleichen Atemzug genauso mit dem Zorn, dem Zweifel. Wie könnte man jeglichem Angriff auf´s Menschliche widerstehen, ohne im Herzen die Liebe zu spüren, die Kraft, die in einem ist? Mit Taten und mit Worten. Und wenn es nur paar Zeilen sind? Eine kleine Anerkennung? Oder gar ein Buch?

So der Autor von „Die Jahrhundertlüge...“ Heiko Schrang, dessen Buch von Verlagen abgelehnt wurde, zu meiner Rezension „Torschütze und lahmes Schaf?“ Hier seine Mail an mich:

11.09.2013: Hallo Herr Popow, vielen Dank für Ihre Rezension. Selten habe ich eine so gut recherchierte und sprachlich innovative Buchbesprechung gelesen.

Mit besten Grüßen Heiko Schrang“
 
Zur Sache: In diesen verrückten Ohne-Ziel-Zeiten, ohne weitreichende Inhaltsansprüche und mit zunehmend triumphierender Mittelmäßigkeit, kann es passieren, dass gewisse Kulturleistungen sanft entschlummern, ehe sie richtig wahrgenommen werden. In den braunen Zeiten wurden missfallen erregende Texte verbrannt. Heute werden sie – dank des gesteuerten göttlichen Bekenntnisses zu „Freiheit und Demokratie“ - ans Licht der Öffentlichkeit gelassen, so sie denn aber zu bissig werden, nur geduldet und schließlich totgeschwiegen.

Was da dem streitbaren Volk mitunter verborgen bleibt, ist gar nicht zu ermessen. So entstehen immer mehr Lücken im geistigen Kunstbetrieb und die Flut von übelriechender Kloake, mitunter mit brauner Soße vermischt, breitet sich aus über das politisch flach gebürstete Land.

Sind Unruhe stiftende politische Bücher auch nicht allein der Stein der Weisen, so bilden sie doch – Sandkorn für Sandkorn, und es werden immer mehr – einen langsam ansteigenden Damm gegen Verdummung und Ablenkung von wesentlichen gesellschaftlichen Fragen.

Trotzdem das Vergnügen: Du schreibst was das Zeug hält, was dir auf der Seele brennt, was dir nicht passt, was dich freut, was dich empört – und keiner behindert dich. Keiner redigiert, keiner verwirft. Da stehst du nun allein auf weiter Flur – im Netz fliegen sie herum, deine Gedanken, setzen sich mal hier mal dort nieder. Das siehst du an den tausenden Hits. Dann kommt eine zustimmende Meinung, dann auch mal ein geistiger Hinterwäldler und schimpft dich einen alten Betonklotz, einen Ewiggestrigen, ohne auch nur zu ahnen, dass es genau andersherum ist...

So kann man unbehelligt zahlreiche Buchtipps, die vor allem oft genug in der scharfen Linkskurve liegen, ins Netz stellen. Da darfst´e schreiben oder quasseln bis der Bildschirm qualmt, schimpfen, randalieren, die Politik fertigmachen, demonstrieren. Alles wird im pluralistischen System zugelassen, alles vermarktet, alles ist verfügbar: Der größte parfümierte Leichen-Tuch-Quatsch, der größte Unsinn, die größte Lüge.

Die angepriesene Vielfalt soll für Demokratie stehen. Das ist irritierend. Und bemäntelt gleichzeitig die wahren Absichten der oberen Zehntausend nach Macht und Profit auf Kosten des Sozialen. Verzettelung, Vereinzelung, Reduzierung auf´s Detail, die Entpolitisierung, die Negierung des Gesamtzusammenhangs – das ist Ideologie der schlimmsten Art, das ist Methode. Warum? Weil das Ende der Geschichte ausgerufen ist. Keine Veränderungen mehr. Genug. Alles bleibt beim Alten. Diese geduldete „Offenheit“ und „Meinungsfreiheit“ sind der geistigen Kommerz-Treibjagd durch Politik und Medien geschuldet. Was ist eine Hochwassergefahr, die gebändigt werden kann, gegen eine mächtiger werdende geistige Kloaken-Flut? Wie aufregend! Meinst du wirklich??? Wer fragt da nach Alternativen?

Eine Sache der Gewöhnung? So ist es. Nicht jeder lässt gerne Ernsthaftes an sich heran. Wie auch, wenn sich die herrschende Clique mit einem raffinierten Blendwerk umgibt und ihre wahren Ziele nicht so leicht zu durchschauen sind. Da lässt man lieber die Finger von aufklärerischen politischen Sachbüchern. Solche Politischen? Hände weg! Unterhaltung auf seichteste Art liegt immer gut im Rennen, lässt sich gut verkaufen, ist richtig cool.

Doch da rauft sich Gegenwehr zusammen: Zu erinnern ist - um nur einige Beispiele zu nennen - an solche hervorragende aufklärerische Lektüre wie „No way out“ (Hrg. Hermann L. Gremliza), „Euroland wird abgebrannt. Profiteure, Opfer, Alternativen“, (Lucas Zeise), „Wir sind der Staat“ (Daniela Dahn), „Lob des Kommunismus“ (Hrg. Wolfgang Beutin, Hermann Klenner, Eckart Spoo) oder gar „Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg verdient“, (Jürgen Grässlin) und viele andere Bücher, die zu rezensieren waren und noch sind.

Warum sollte man die geistigen und politischen Gedankenanstöße für eine bessere Welt nicht aus der bürgerlichen Friedhofserde kritischer Literatur wieder herauskratzen? Sie nicht bündeln? Für interessierte Leute. Für jene, die sich noch nicht – in Zeiten der politischen und kriegerischen Tumulte – satt zurücklehnen. Der Schrei nach „Etwas-Tun-Wollen“ ist - spätestens seit „Empört Euch!“ von Stéphane Hessel - zum Entsetzen der Ewig-Gestrigen sehr lauter geworden. Mögen die ehrlichen Widerständler manchen Feind haben, aber kaum einen persönlichen Feind, denn Ideen sind nicht totzukriegen. „Wir sind der Staat“ von Daniela Dahn und andere nach vorne weisende Lektüre – sie sind nur wenige Sandkörner auf dem Damm der Vernunft gegen weltweit überschwappendes Profit-Ungemach. Aber immerhin – vorauseilende Lichtzeichen in aufkommender Morgendämmerung...


Danke an die online-Zeitung „Neue Rheinische Zeitung“, deren Herausgeber und Redakteur Peter Kleinert mir alle Artikel, die stets linkslastig sind, immer abgenommen und veröffentlicht hat. Schwer gefallen ist ihm das sicher nicht, stellt er doch mit der www.nrhz.de seit acht Jahren die Erbin jener Neuen Rheinischen Zeitung ins Netz, die Karl Marx und Friedrich Engels vom 1. Juni 1848 bis zum 19. Mai 1849 in Köln als Nachfolgerin ihrer 1843 unter König Friedrich Wilhelm IV. verbotenen Rheinischen Zeitung produziert hatten.

Harry Popow: „Dem Morgendämmern vorauseilende Lichtblicke“, Tagebuch und Dokumentation, 218 Seiten, Preis: 15,00 Euro – Versandkostenfrei, Oktober 2013, 1. Auflage, Druck und Verlag: dbusiness.de Digital Business and Printing Gmbh, Prenzlauer Allee 174, 10409 Berlin, www.copyhouse.de . Buchbestellungen bitte über die email Adresse info@copyhouse.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen