Dienstag, 4. August 2015

Rezensionen, die nachdenklich stimmen


User Bloomberg
zur Granin-Rezension

Hallo Harry, eine sehr schöne Buchvorstellung hast Du hier gemacht, danke.

Es erstaunt mich immer wieder, wenn ich darüber lese oder höre, dass russische Soldaten, sogar ein Großteil der Bevölkerung, nach dem durchlebten und überlebten deutschen Angriff versöhnlich und oft ohne Groll oder Hass gegenüber ehemaligen Wehrmachtssoldaten sind. Vielleicht gibt es für beide Seite eine Gemeinsamkeit, die das verständlich macht: Soldaten zu sein. ... Wer weiß, ... , man geht hier nur Vermutungen ein. Aber andererseits - für einen Russen war es eine Ehre für sein Vaterland zu kämpfen. Es ist anders, als Grausamkeiten zu erdulden, wenn man kämpft. Kämpfen kann.
Hier zitierst Du folgendes: Auf Seite 186 führt Granin Erkenntnisse von Historikern an, die belegen, „dass die Rote Armee zu Beginn des Krieges dreimal mehr Panzer und zweieinhalb mehr Flugzeuge hatte als die Deutschen. Die Rote Armee bestand aus 180 Divisionen. Damit hätte man den Deutschen eins auf die Fresse geben und sie bis nach Berlin zurückjagen können, ohne auf die zweite Front zu warten.“

Irgendwo habe ich gelesen, dass Stalin um die Jahre 1938-39 eine große Säuberungsaktion in der Roten Armee durchgeführt hat, … selbst hochrangige Generale, tausende von Offizieren wurden erschossen oder inhaftiert, im guten Fall in den Gulag geschickt. … So konnte man sich nicht rechtzeitig und effektiv gegen die Wehrmacht stellen. Vielleicht kann ich irgendwo noch ein Material mit noch genaueren Angaben finden über die Rote Armee von damals, von den Anfangszeiten …

… Ja, der Krieg. Jetzt haben wir wieder einen in Europa. Ich bin erstaunt, über mich selbst, dass ich einmal mit Dir über die mögliche Ausweitung des Ukraine-Konflikts im Forum "gestritten" habe. Man will bestimmte sehr offensichtliche Gründe bewusst nicht wahrnehmen, weil ich, als ein Mitglied der Nachkriegsgeneration, den Krieg auf der eigenen Haut selbst noch nicht erlebt habe. Man schützt sich unbewusst vor solchen Dingen, über mögliche Folgen nachdenken zu wollen, wenn man etwas ausblendet. Darum ist es gut, wenn man gezwungen ist, den Kopf aus dem Sand zu ziehen.

Ich lese immer Deine Rezensionen, sie erinnern mich daran, dass es außen vor dem "Elfenbeinturm" eine andere, nicht überall friedliche Welt gibt.

Zum Foto: Danke Harry, ich habe Dich natürlich auch gefunden. Du hattest noch ziemlich viele Haare, was jetzt wahrscheinlich nicht der Fall ist … , aber ich kann es mir wirklich vorstellen, dass Granin eine große deutsche (DDR) Leserschaft hatte, schon damals. Vielleicht sollte man nicht alle russischen Bücher ablehnen, wie es viele möglicherweise tun, weil sie unter SU-Zeiten geschrieben wurden.
Gruß Bloomberg

Antwort von Harry: Haare noch ausreichend vorhanden!!

Freund Günther Ballentin meint:

Deine Rezension gefällt mir sehr! Du gehst das Thema sozialistisch-historisch und philosophisch an. Wie ich neulich schon sagte: Die Buchrezension ist – ähnlich wie der Brief – ein eminent wichtiges und psychologisch äußerst wirksames publizistisch-literarisches Genre. Da muß ich immer an Goethes Erstling „Werther“ denken. Die jungen Stürmer und Dränger zwischen 1769 und 1799 hatten das glasklar erkannt (u.a. die Brief-Romane). …


Gruß von Günther

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