Mittwoch, 3. Februar 2016

Rüsten gegen Russland

Aus: Ausgabe vom 03.02.2016, Seite 1 / Titel

Rüsten gegen Russland
Washington will deutlich mehr Waffen an NATO-Staaten in Zentral- und Osteuropa liefern. Planspiele der Kriegsallianz gegen Angriff aus dem Osten
Von Stefan Huth
Um Moskaus »Interventionspolitik« entgegenzutreten, wird das US-amerikanische Militär seine Mittel vervierfachen und seine Präsenz in Mittel- und Osteuropa verstärken. Der entsprechende Pentagon-Etat werde im kommenden Jahr auf 3,4 Milliarden Dollar (3,1 Milliarden Euro) erhöht, viermal mehr als 2016. Das teilte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Dienstag in Washington mit. »Wir verstärken uns in Europa, um unsere NATO-Verbündeten angesichts der russischen Aggression zu unterstützen«, sagte er. Das Geld werde in die Stationierung von mehr Truppen in Europa gesteckt, in mehr Ausbildung und Manöver mit den Verbündeten sowie in die Bereitstellung von Kampfausrüstung und Infrastruktur. Der Umfang des gesamten Rüstungsbudgets in Höhe von 583 Milliarden Dollar orientiere sich an fünf Faktoren: dem Aufstieg Russ­lands und dem Chinas; der Bedrohung der USA und seiner pazifischen Verbündeten durch Nordkorea; dem »unheilvollen Einfluss« Irans auf US-Verbündete in der Golfregion und den fortgesetzten Kampf gegen den »Islamischen Staat«. Der Kongress muss dem Haushaltsplan noch zustimmen.

Bereits zuvor hatte die New York Times (NYT) unter Berufung auf offizielle Quellen von entsprechenden Plänen des US-Militärs berichtet. Einem Artikel zufolge, der am Montag (Ortszeit) unter der Überschrift »Europa befestigen, um Putin die Stirn zu bieten« in der Onlineausgabe erschienen ist, existieren Pläne, eine vollständige Panzerbrigade in der Region dauerhaft für den Einsatz bereitzuhalten. Um bestehende Obergrenzen zu umgehen, soll das Geld aus einem speziellen Interventionsfonds kommen, aus dem ansonsten diverse Abteilungen des »Kriegs gegen den Terror« finanziert werden.

Laut NYT zeigten sich Experten erstaunt über den Umfang der Aufstockung der militärischen Mittel für Europa. Unter den Empfängerstaaten für Material und zusätzliche Truppen befänden sich laut Quellen aus dem US-Verteidigungsministerium Ungarn, Rumänien und die baltischen Staaten. Die Zeitung zitiert die Pentagon-Mitarbeiterin Evelyn N. Farkas, bis Oktober 2015 auf höchster Ebene zuständig für die Politik gegenüber Russland und der Ukraine: »Das ist eine wirklich große Sache, und die Russen werden ausrasten. Es ist ein gewaltiges Zeichen unserer Entschlossenheit, Russland abzuschrecken und unser Bündnis und unsere Partnerschaft mit Ländern wie der Ukraine, Moldawien und Georgien zu stärken.«

Während Washington die nächste Runde des Hochrüstens einleitet, wollen die NATO-Verteidigungsminister laut einem Bericht der Welt am Sonntag (WamS) bei einem Treffen Mitte Februar in Brüssel für den Krisenfall einer Attacke aus dem Osten trainieren. In einer geheimen Sitzung solle ein solcher Angriff auf das Verteidigungsbündnis simuliert werden, so das Blatt unter Berufung auf hochrangige NATO-Kreise. »Sie üben Krisenmanagement.« »Die Minister müssen bei dieser Simulation unter Zeitdruck entscheiden, was die NATO tut – inklusive der Verlegung von Truppen«, so ein Diplomat der Kriegsallianz gegenüber WamS. Die Verteidigungsminister würden mit einem sogenannten hybriden Szenario konfrontiert, das sich in ähnlicher Weise bereits bei der Annexion der Krim durch Russland abgespielt hatte. Russland werde aber ausdrücklich nicht als Aggressor erwähnt. Das Feindbild steht ohnehin.(mit Material von AFP



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