Samstag, 22. April 2017

USA - Machtpolitik


Das Imperium schlägt um sich


VERÖFFENTLICHT VON EGESTER ⋅ 22. APRIL 2017


von Rüdiger Rauls – https://ruedigerraulsblog.wordpress.com

Trump lässt losschlagen. Er greift Syrien mit Marschflugkörpern an, lässt seine Flotte auslaufen gegen Nordkorea und bringt erstmals die sogenannte Mutter aller Bomben gegen Afghanistan zum Einsatz. Aber! Welchen Feind will er treffen? In Syrien legt er sich mit dem eher weltlich und westlich orientierten Assad an, in Nord-Korea mit den Kommunisten, in Afghanistan mit den Taliban oder IS oder Al Kaida oder welchen Namen auch immer der Westen den Aufständischen der jeweiligen Region gibt. Welches politische Ziel soll damit erreicht werden? Welche langfristige Strategie wird da umgesetzt? Die mächtigste Militärmacht  der Welt fühlt sich bedroht von solchen, gemessen an ihrer militärischen Stärke, doch eher unbedeutenden Kräften? Mit seinem Vorgehen hinterlässt Trump den Eindruck von Realitätsferne und verwirrter Planlosigkeit. Dieses Bild wird verstärkt durch sein unpolitisches und emotionales Verhalten. Er scheint weder Freund noch Feind zu kennen, und wer gestern noch Freund war, kann morgen schon Feind sein.



Nun sieht die Gemeinde der apokalyptischen Reiter darin natürlich nichts anderes als eine bis ins kleinste Detail durchdachte und vorbereitete Verschwörung zur Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs. Auf fast allen Kanälen wird darüber spekuliert, als könnten sie, die Washington der Kriegstreiberei beschuldigen, es nicht erwarten, dass es endlich losgeht, das große Hauen und Stechen. Aber wie die Vorbereitung eines Weltkriegs sieht das nicht aus, was Trump da veranstaltet. Das gleicht doch eher einem kopflosen Agieren. Er verzettelt seine Kräfte mit dem Herumzündeln an verschiedenen Konfliktherden der Welt, ohne klare Vorstellungen zu haben, was erreicht werden soll.


Natürlich sind die amerikanischen Militärs zum großen Teil begeistert davon, endlich mal wieder losschlagen zu können, zeigen zu können, was in ihnen und ihren Waffen steckt. Zu sehr haben die Misserfolge in Afghanistan, wo sie sich nach jahrelangem Kampf sieglos zurückziehen, am Selbstbewusstsein der größten Militärmacht der Welt genagt. Auch die Bilanz im Irak sieht ernüchternd aus, ganz zu schweigen von Libyen und Syrien. Natürlich will man auch einmal die „Mutter aller Bomben“ testen, wenn man schon über sie verfügt, um zu wissen, was man mit ihr taktisch umsetzen und erreichen kann. Sicherlich ist das amerikanische Militär auch nicht unglücklich über einen Präsidenten, der ihm freie Hand lässt, der keine politischen Rücksichten nimmt und wenig Vorbehalte hat, vielleicht sogar auch all dem zustimmt, was das Militär vorschlägt. Vermutlich ist man es im Pentagon leid, aus Rücksicht auf Menschenrechte und die Weltöffentlichkeit immer mit angezogener Handbremse kämpfen zu müssen.


Ja, den Militärs dürfte dieser Präsident sehr gelegen gekommen sein. Aber ob sie deshalb auch den Dritten Weltkrieg wollen, ist fraglich. Denn noch besteht keine strategische Überlegenheit gegenüber den Russen oder Chinesen, die sicherstellen könnte, dass bei einem eigenen Angriff nicht auch der tödliche Gegenschlag auf das eigene Territorium erfolgen würde. Denn auch die Kriegstreiber werden vorsichtiger, wenn der Krieg vor der eigenen Haustür stattfindet, statt in den entlegenen Wüsten Afghanistans oder des Nahen Osten. Trotzdem bietet das keine Sicherheit, dass nicht eine Situation entstehen kann wie vor dem 1. Weltkrieg, wo keine der beteiligten Kräfte mehr glaubt, umkehren zu können, zu dürfen oder zu sollen. Nicht umsonst warnen besonders Russland und China mit dem Verweis auf den Ersten Weltkrieg zur Besonnenheit und Mäßigung.

Wenn es aber nicht die Vorbereitung des Dritten Weltkriegs ist, welche Erklärungen gibt es dann für das Vorgehen Trumps und der Leute, die ihm zuarbeiten? Eines kann vorab mit Sicherheit gesagt werden: Mit Menschenrechten hat es nichts zu tun, auch wenn Trump öffentlich Krokodilstränen vergießt über die schönen Babies, die bei Assads vorgeblichem Gasangriff getötet wurden. Was ist mit den Babies in Mossul? Es gibt vermutlich nur wenige, die ihm dieses Mitgefühl als echt abkaufen werden. Aber der Schleier der Menschenrechtsgefasels ist zerrissen worden, wie er vermutlich seit dem Ende des Vietnamkriegs noch nie gelüftet worden ist. Und dahinter zeigt sich die Fratze der menschenverachtenden Machtpolitik, die auf nichts mehr Rücksicht nimmt, wo sie nicht gezwungen ist, Rücksicht zu nehmen. Denn um nichts anderes handelt es sich bei den letzten Aktionen Trumps seit der Entlassung seines Ideologen und Strategen Bannon.

Auch dieser war kein Chorknabe, sondern interessengetrieben wie die andern auch, die nun stärkeren Einfluss auf die Politik Trumps genommen haben und damit auf die Politik der USA. Aber Bannon hatte einen Makel: Seine Vorschläge hatten keinen Erfolg. Unter der Losung „America first“, riet er zu einer Konzentration auf die amerikanischen Interessen. Er sah sich und den Präsidenten dabei unterstützt von einem Großteil der amerikanischen Bevölkerung, der in seiner Verbitterung und Hoffnungslosigkeit offenbar zu allem bereit zu sein scheint, solange es Aussicht bietet auf eine Rückkehr zu den guten alten Zeiten amerikanischer Wirtschaftsmacht mit Vollbeschäftigung und den Segnungen des American Dream.


Aber die Stammtischbrüder Bannon und Trump mussten erkennen, dass ein Staat kein Unternehmen ist, das man nach patriarchalischer Unternehmermanier führen kann. Es gibt im Staat Gruppen und Institutionen, die sich der Macht des Präsidenten entziehen und sogar erfolgreich Widerstand leisten können. Und so kassierten die Gerichte jede der Trump’schen Verordnungen. Die eigene Partei versagte ihm die Unterstützung bei der Abschaffung von Obama-Care. Von seinen großmäuligen Ankündigungen während des Wahlkampfes war nicht viel geblieben. Die Verhältnisse in den USA und der Welt zu verändern,  war offensichtlich nicht so einfach, wie Trump seinen Wählern und sich selbst vorgemacht hatte. Offensichtlich hing nicht alles einzig und allein ab vom guten Willen des Präsidenten, sondern es gab auch andere Kräfte und Interessen, die über Gewicht und Macht verfügten. Diese Misserfolge schadeten seinem Ruf als erfolgreichen Macher und kratzten am Lack seines ohne hin nicht sehr gut polierten Ansehens im eigenen Land. Die innenpolitischen Niederlagen konnten nicht wegdiskutiert werden. Sie lagen offen vor aller Welt auf dem Tisch.


Auch in der Wirtschaftspolitik lief es nicht so einfach, wie die simplen Theorien, nach denen er Wirtschaft beurteilte, glauben machen wollten. In den Gesprächen mit anderen Staatsmännern wurde ihm anscheinend allmählich bewusst, dass seine wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Abwehr der Konkurrenten der US-Wirtschaft wie  die Erhöhung von Zöllen und die Bevorzugung amerikanischer Produkte durch die heimischen Wirtschaft mehr Schaden als Vorteile bringen würden. Selbst der symbolische Akt der Aufkündigung des Klimaschutzabkommens zur Förderung der amerikanischen Kohleindustrie wird den Konkurrenzvorteil ausländischer Kohle kaum wettmachen können.


Was also bleibt, wenn man den Nimbus des Machers nicht verlieren und sich ständig mit den Vertretern anderer Interessen auseinandersetzen will, um zu Einigungen zu kommen? Das Militär. Hier kann der Präsident anordnen, und es wird gehorcht. Er befielt den Angriff von Marschflugkörpern, und schon schlagen sie in Syrien ein. Er beordert die Flotte nach Korea und schon läuft sie aus. Er will die Taliban oder den IS das Fürchten lehren und schon zerreißt die „Mutter aller Bomben“ den Himmel über Afghanistan. Das sieht nach Macht und Erfolg aus und bedient die Phantasien derer, die von der alten Stärke der USA träumen. Wenn auch nicht in der Wirtschaft oder in der Innenpolitik, aber bei Militär gilt, wonach ein Großteil der Trump-Wähler sich sehnt: „Make America great again“.


Aber deutet dieses Verhalten auf wirkliche Stärke und Kraft hin oder handelt es sich nicht vielmehr um Kraftmeierei? In Wirklichkeit gehen die USA der Auseinandersetzung mit den großen Rivalen China und Russland aus dem Wege. Im Korea-Konflikt sucht man die Unterstützung Chinas, um den nord-koreanischen Präsidenten in der Atomfrage zum Einlenken zu bewegen. Beim Raketenangriff auf Syrien warnt man vorher die Russen, um ihnen nicht ins Gehege zu kommen, und beteuert nach dem Angriff,  dass es sich um einen einmaligen Schlag handelt. Und die „Mutter aller Bomben“ wirft man dort ab, wo kaum Gegenwehr zu erwarten ist, bei den Schwächsten der Schwachen, und wo zudem die Interessen der großen Rivalen nicht berührt werden.


Trotz aller großen Worte und geheimnisvollen Drohungen, die sowohl im Falle Nord-Koreas als auch in Syrien noch zur Wahrung des Gesichts nachgeschoben werden, wird immer deutlicher: Im Gegensatz zum russischen oder chinesischen Präsidenten ist der amerikanische Präsident schwach, denn er hat nicht die volle Unterstützung seines Landes und seiner Bürger. Es fehlt ihm im eigenen Lande die Basis, tiefgreifende Veränderungen durchzusetzen. Und um einen Dritten Weltkrieg zu planen und durchzuführen, bedarf es mehr als der Symbolpolitik mit einigen Marschflugkörpern, einer auslaufenden Flotte und der Detonation einer Megabombe, die zudem trotz aller amerikanischer Prahlerei immer noch kleiner ist als die russische Megabombe.

https://ruedigerraulsblog.wordpress.com/2017/04/16/das-imperium-schlaegt-um-sich/








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